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Kinder müssen nein sagen können

Die Fakten zum Thema Kindesmissbrauch sind grausam. Man muss aber genau hinsehen. Nur so lassen sich die Finessen der Täter rechtzeitig erkennen: Stephanie zu Guttenbergs Buch „Schaut nicht weg!“ eröffnet eine überfällige Debatte.

Von Christian Geyer

Stephanie zu Guttenberg hat für ihr Engagement den Ehrenpreis der Kinderhilfsorganisation World Vision Deutschland erhalten

Stephanie zu Guttenberg hat für ihr Engagement den Ehrenpreis der Kinderhilfsorganisation World Vision Deutschland erhalten

06. September 2010
Die Sprachlosigkeit nach dem Missbrauch kann Jahrzehnte dauern. „Oft kommen die unterdrückten Geschichten erst dann zum Vorschein, wenn die Betroffenen zum ersten Mal feste Partnerschaften eingehen oder eine Familie gründen wollen. Vorher war der Verdrängungsmechanismus häufig zu effektiv: Das angstvolle ,Schweigen' über die Taten, das vom Täter implantierte Gefühl, mitschuldig zu sein (,Du bist so sexy, da kann ich nicht anders') oder die eigene Banalisierung des Erlebten (,Es ist ja nur zwei Mal passiert') verhinderten eine bewusste Beschäftigung mit dem Erlebten.“ So Stephanie zu Guttenberg, die Frau des Verteidigungsministers, die sich seit Jahren ehrenamtlich für sexuell missbrauchte Kinder und Jugendliche einsetzt und in den nächsten Tagen im Kreuz-Verlag ein Buch zu dieser Materie vorlegt.

Seit ihrer vor sechs Jahren aufgenommenen Arbeit für „Innocence in Danger“, einer Aufklärungs- und Beratungseinrichtung zum Thema sexueller Missbrauch, analysiert Stephanie zu Guttenberg nicht nur die Strategien der Täter, sondern arbeitet mit Vertretern unterschiedlicher Fachgebiete an neuen Therapiekonzepten für die Opfer. Ihr Buch will eine Debatte entfachen, die das Thema über die bekannt gewordenen Vergehen in kirchlichen und reformpädagogischen Einrichtungen hinaus erörtert. Das Buch heißt „Schaut nicht weg! Was wir gegen sexuellen Missbrauch tun müssen“, ist gemeinsam mit Anne-Ev Ustorf geschrieben und macht die jahrelangen Erfahrungen der Arbeit von „Innocence in Danger“ für die Öffentlichkeit zugänglich.
 

Dem perfiden Geheimhaltungsdruck widerstehen

Stephanie zu Guttenberg: Schaut nicht weg: Kinder müssen nein sagen können

Die zentrale These: Nicht der berühmte „fremde Mann“ ist der statistische Haupttäter, sondern die Vertrauensperson in der Nähe, der Onkel, Nachbar, Vater, Lehrer, Trainer. Nach diesem - zumeist männlichen - Täterprofil haben sich die Ansätze von Prävention und Therapie zu richten, über die Stephanie zu Guttenberg berichtet. Tatsächlich finden achtzig Prozent aller sexuellen Missbrauchsfälle in Deutschland im sozialen Nahraum statt - in der Familie, der Nachbarschaft, der Schule oder dem Sportverein. Und das Internet hat der Pädokriminalität eine Dimension verliehen, die dieses Verbrechen allgegenwärtig macht. Mit den Worten von Jörg Ziercke, dem Präsidenten des Bundeskriminalamts, der das Nachwort schrieb: „Insgesamt zeigt sich, dass der sexuelle Missbrauch überwiegend auf der Basis ausgenutzter Vertrauensverhältnisse stattfindet, insbesondere im familiären und näheren sozialen Umfeld.“

Das detaillierteste Buch zum Thema stammte bisher von Manfred Karremann, der darin seine verdeckten Recherchen im Milieu der Pädophilen auswertet. Es heißt „Es geschieht am hellichten Tag“ und wird von Stephanie zu Guttenberg erstaunlicherweise nicht erwähnt. Erstaunlich deshalb, weil Karremanns wertvolle Informationen, seine Art, zwischen Panikmache und Beschwichtigung den richtigen Ton zu treffen, sich mit Guttenbergs Anliegen hervorragend ergänzen. Auch Karremann geht es am Ende um die Frage, wie man seine Kinder zu starken Kindern macht, die nicht jedem Erwachsenen aus dem Weg gehen, wohl aber gelernt haben, entschieden nein zu sagen, wenn ihnen etwas merkwürdig vorkommt. Nur so werden Kinder in die Lage versetzt, dem perfiden Geheimhaltungsdruck, den der Missbrauch entfaltet, zu widerstehen.

Guttenberg entwickelt eine regelrechte Phänomenologie des Neinsagenkönnens und stellt sie in einen größeren erzieherischen Zusammenhang, der den Umgang mit Geheimnissen betrifft. Hier kann es gar nicht konkret genug zugehen: „In Präventionsprojekten wird mit Kindern häufig besprochen, was gute und was schlechte Geheimnisse sind. Als gute Geheimnisse geben die Kinder oft an: ,Ich bekomme ein Geschwisterchen, aber es soll noch niemand wissen' oder ,Ich habe Papa was zum Vatertag gebastelt, aber er darf es erst in einer Woche sehen' oder ,Ich bin in jemanden verliebt, aber niemand weiß es'. Als schlechte Geheimnisse werden von den Kindern benannt: ,Ich habe die Schokolade genommen und mein Bruder hat den Ärger dafür bekommen' oder ,Ich habe mit der Lieblingskette von Mama gespielt und sie ist kaputtgegangen und Mama hat es noch nicht bemerkt' oder ,Ich habe eine schlechte Note in der Mathearbeit geschrieben und es meinen Eltern noch nicht gesagt'. Eines von vielen schlechten Geheimnissen, die genannt werden, kann aber auch sein: ,Mich fasst jemand an, obwohl ich das nicht will, und der hört auch nicht auf, wenn ich nein sage'.“
 

Schweigen, um die Eltern zu schonen

Mädchen und Jungen, so Guttenberg, brauchen von ihren Eltern und anderen vertrauten Erwachsenen also die ausdrückliche Erlaubnis, ein schlechtes Geheimnis weitererzählen zu dürfen. „Sie brauchen die Versicherung, dass dies kein Vertrauensbruch und auch kein Petzen ist. Denn ein schlechtes Geheimnis weiterzuerzählen ist wichtig - damit sie oder ihre Freunde in schwierigen Situationen Hilfe erhalten.“

Und dennoch bleibt manches missbrauchte Kind gegenüber den Eltern stumm. Die Erfahrungen von „Innocence in Danger“ sind hier eindeutig: „Viele Eltern können nach der Aufdeckung eines sexuellen Missbrauchs nicht begreifen, warum ihr Kind sich ihnen nicht anvertrauen konnte. Sie sind erschüttert, dass das als tief empfundene Vertrauen zwischen dem Kind und ihnen offensichtlich nicht tragfähig genug war - und fragen sich, ob sie etwas falsch gemacht haben. Und doch ist das Schweigen der Opfer gegenüber den Eltern in der Regel kein Hinweis auf eine gestörte Eltern-Kind-Beziehung. Oft schweigen missbrauchte Kinder sogar aus Liebe zu ihren Eltern: Weil die Täter der Familie des Kindes schlimme Folgen angedroht haben, sollte der Missbrauch ans Licht kommen - oder weil die Kinder selbst aus Scham und Angst, den Eltern Leid zuzufügen, nichts erzählen mögen.“ Kommt der Missbrauch dann doch ans Licht, so Guttenberg, geraten viele Eltern in eine schwere seelische Krise. Mütter und Väter können nicht mehr entspannen, sind verängstigt, schlafen schlecht. „Manche erleben die Aussagen ihrer Söhne und Töchter sogar mit einer ähnlichen Intensität wie ihr Kind - als ob auch ihnen selbst Gewalt angetan wurde. Andere wiederum zweifeln das Geschehene wieder und wieder an oder stellen dem Kind pausenlos dieselben Fragen.“

Was aber, wenn Vater oder Mutter die Täter sind? Die Gewalt eines innerfamiliären Missbrauchs besteht gerade auch in der Ambivalenz, die dem betroffenen Kind aufgezwungen wird. „Denn das Opfer sucht zwar Schutz vor den Taten, will aber gleichzeitig die Beziehung zum Täter oder den Zusammenhalt der Familie nicht zerstören. Eine junge Frau, die als kleines Mädchen jahrelang von ihrem Vater missbraucht wurde, schrieb beispielsweise: ,Ich hatte nie den Mut, meinen Vater anzuzeigen, das hätte ich allein schon wegen meiner Mutter nicht machen können. Sie wäre daran zugrunde gegangen'. Das Mädchen verbarg also die Taten vor seiner Mutter, um diese zu schützen - auf Kosten der eigenen seelischen und körperlichen Gesundheit.“

Die Manipulation der kindlichen Affektstruktur

Eine Erziehung zum Nein-Sagen hat überdies zu berücksichtigen, dass viele Kinder zu Beginn der Tatzeit noch sehr jung sind und den Missbrauch oft gar nicht als solchen einordnen können, obwohl er sie leiden macht. „Einem sexuell unreifen Kind sind die Handlungen des Erwachsenen beim sexuellen Übergriff ja völlig unverständlich: Es kann das Geschehene nicht integrieren. Es kann nicht verstehen, was mit ihm passiert - außer, dass es schrecklich wehtut, große Angst macht und ekelhaft ist.“ Guttenbergs dichte Beschreibung mutet es dem Leser zu, den zentralen Schluss Kapitel für Kapitel selbst zu ziehen. Er kann nur lauten: Das Vertrauen eines Kindes zu missbrauchen, ist an sich schon eine Barbarei; erst recht aber, wenn es dazu missbraucht wird, dem Erwachsenen zum Sex zu verhelfen.

Ähnlich wie Manfred Karremann gelingt es Stephanie zu Guttenberg, eine Hilfe für Erzieher zu formulieren, der es um die richtige Balance zwischen einem Zuviel und Zuwenig an Wachsamkeit geht. Immer wieder warnt die Autorin vor einer Verwechslung von Korrelationen und Ursachen: So wisse man inzwischen, dass sexuell missbrauchte Kinder als Erwachsene häufig an dissoziativen Persönlichkeitsstörungen leiden. Sie spalten das Erfahrene ab, wie sie es nicht selten aus Selbstschutz auch während der Tat schon praktizierten. Aber „natürlich haben nicht alle Menschen, die diese Störungen entwickeln, zwangsläufig sexuelle Gewalt erlitten, und ebenso ist nicht jedes sexuell missbrauchte Kind davon betroffen - aber es gibt dennoch einen signifikanten statistischen Zusammenhang.“ Die Psychoanalytikerin Christa Rohde-Dachser schätzt, dass sechzig bis achtzig aller Patientinnen und Patienten mit einer emotional enorm instabilen Persönlichkeitsstruktur als Kind sexuellem Missbrauch ausgesetzt waren. Betroffene hätten meist große Schwierigkeiten, Partnerschaften zu führen, weil sie in Beziehungen weder Nähe aushalten noch Distanz zulassen können.

Um nicht abermals in die Opferrolle zu fallen, entwickelten sie eine Täteraggression, seien extrem fordernd und zurückweisend zugleich. Derartige Persönlichkeiten, so Guttenberg mit Bezug auf Rohde-Dachser, können unbeschadet einer möglichen hohen Intelligenz kaum differenziert empfinden: „Für sie ist ein Mensch häufig entweder ,nur gut' (wenn er das tut, was sie verlangen) oder ,nur böse' (wenn er sich ihren Erwartungen und Ansprüchen widersetzt). Man sagt auch: Sie denken schwarz-weiß, Depressionen, selbstschädigendes Verhalten, Rituale und Zwänge gehen mit dieser Störung oft einher.“ Sofern diese Symptomatik auf Missbrauch schließen lässt, sei das Vertrauen in die eigenen Gefühle so nachhaltig gestört, dass Nahbeziehungen nur verzerrt eingeschätzt werden können. „Beispiel: Das Kind/Stiefkind hat in einer (sexuellen) Gewaltsituation wiederholt starke Angst, doch der Täter/Stiefvater vermittelt ihm immer wieder, dass es gar nicht Angst haben könne, weil ja alles so schön sei. Das Kind entwickelt also kein Vertrauen in die Authentizität der eigenen Gefühle und dies wiederum führt unter Umständen später zur Entstehung einer ,emotional instabilen Persönlichkeit'.“ Die Manipulation der kindlichen Affektstruktur erscheint hier als der Kern des Verbrechens. Dass die Autorin einerseits die einschlägigen psychotherapeutischen Kriterien vorstellt, anderseits die entsprechenden Fachbegriffe in Anführung setzt, ist ein Signal dafür, dass sie von Psychologie- und Therapiegläubigkeit gleichermaßen weit entfernt ist.

Die Wahl des richtigen Therapeuten

Guttenberg lässt bei aller Dramatik der geschilderten Befunde und dem dringenden Appell zur Wachsamkeit keinen Zweifel: „Nicht alle Kinder, die sexuelle Gewalt erleben, leiden später unter seelischen Langzeitfolgen.“ Die Art und Weise, wie ein Opfer mit derartigen Erfahrungen umgehe, hänge von verschiedenen Faktoren ab: dem Schweregrad der Gewalterlebnisse, der psychischen Konstitution des Kindes, den familiären Umständen nach der Tat. Vielen Kindern gelinge es tatsächlich, traumatische Erfahrungen bereits im Verlauf weniger Monate „ohne bleibende Schäden“ für ihre Entwicklung zu verarbeiten. Andere wiederum kämen über einen relativ langen Zeitraum gut damit zurecht, ihre Erlebnisse zu verdrängen und verspürten dann erst als Erwachsener die Notwendigkeit, sich mit dem Geschehenen zu befassen. „Es ist also nicht per se bedenklich, wenn Kinder oder Jugendliche über das als traumatisch Erlebte nicht sprechen möchten. ,Darüber reden' hilft auch gar nicht immer: Forschungen haben gezeigt, dass für einen erfolgreichen Heilungsprozess lediglich zwanzig Prozent der Gewalterfahrungen vom Opfer durchgearbeitet werden müssen, gar nicht mal unbedingt durch ,Sprechen', sondern ebenso durchs therapeutische Spiel.“

Durch massives oder wiederholtes Nachfragen würden die jungen Opfer oft zusätzlich geschädigt: Die „unbedachte Fragerei“ könne „Erinnerungsfilme“ auslösen. Solche flashbacks würden Kinder abermals traumatisieren und hätten außerdem manchmal zur Folge, dass die Opfer jedes Mal, wenn sie die fragende Person sehen, wieder an den Missbrauch erinnert werden. „Die Begegnung mit ihnen wird so zum weiteren Auslöser für Erinnerungsfilme und deshalb meiden viele Kinder im Sinne einer gesunden Überlebensstrategie den Kontakt zu den ,Fragern'“. Im selben Kapitel führt die Autorin in die Therapien mit den besten Wirksamkeitsnachweisen ein. Für unbedingt erforderlich hält sie es, sich der traumatherapeutischen Zusatzqualifikation des Behandelnden zu versichern, denn die sei selbst bei einer anerkannten Ausbildung nicht selbstverständlich. Sympathie schließlich sei ein wesentliches Kriterium für die Wahl des richtigen Therapeuten: „Denn noch wichtiger als die genaue Fachrichtung ist häufig die Passung zwischen Therapeutenpersönlichkeit und Klient.“ In Zweifel gelte: weitersuchen!

Trotz der Präsenz des Missbrauchthemas in der Öffentlichkeit überwiegt bisher ein pauschaler Themenzugriff. Ganz anders in diesem Buch, dem man jeden Erfolg wünschen kann. Stephanie zu Guttenberg macht klar: Nur wenn man es sich antut, die Fakten, die sich um dieses Thema ranken, im Einzelnen zur Kenntnis zu nehmen, kann man sich eine solide Chance ausrechnen, die Finessen der Täter rechtzeitig zu durchschauen und nicht erst, wenn es zu spät ist. Eine überfällige Debatte ist eröffnet.

Stephanie zu Guttenberg: „Schaut nicht weg. Was wir gegen sexuellen Missbrauch im Internet tun müssen.“ Kreuz Verlag, geb., 180 S., 16,95 €.



Buchtitel: Schaut nicht weg
Buchautor: Zu Guttenberg, Stephanie

Quelle:
Text: F.A.Z.
Bildmaterial: dpa, Verlag

 

 

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